Stress: Stärken Sie Ihr psychisches Immunsystem!
„Ich fühle mich gestresst.“ „Ich habe gerade Stress in der Arbeit.“. „Meine Kinder stressen mich.“ Bestimmt hören auch Sie das Wort Stress mehrfach die Woche, von sich selbst, Kollegen, Freunden oder der Familie. Aber was beschreibt der Begriff Stress eigentlich genau?
Sind wir in einer Situation, die Unwohlsein oder Anstrengung bei uns hervorruft, schüttet unser Körper Stresshormone aus, die unsere Leistung steigern. Wir bekommen besser Luft, der Blutdruck steigt, wodurch unsere Muskeln besser durchblutet werden und unser Stoffwechsel sorgt dafür, dass unser Gehirn mit Zucker versorgt wird. Wir sind also hochkonzentriert und körperlich auf Höchstleistung vorbereitet. Diese Körperreaktion haben wir Menschen schon immer. Früher wurden Stresshormone beispielsweise ausgeschüttet, wenn wir einem wilden Tier begegnet sind und abwägen mussten, ob wir kämpfen oder fliehen. Heute sind wir anderen Situationen ausgesetzt: Hohe Erwartungen und Leistungsdruck im Berufsleben, Überstunden, Vereinbarkeit von Arbeit, Familie und Freunden, Informations- und Wissensflut über digitale Medien. Die Welt ist schneller geworden.
Trotz der erstmal positiv klingenden Eigenschaften von Stress schädigen sie uns, wenn der Stress dauerhaft anhält. Während sich unser Körper darauf konzentriert uns wach und leistungsfähig zu halten, muss er dafür andere Funktionen vernachlässigen. So wird unsere Verdauung angehalten und das Immunsystem gehemmt. Dies ist über einen kurzen Zeitraum kein Problem, hat aber auf Dauer körperliche und psychische Folgen. Wer sich permanent überlastet, riskiert seine Gesundheit.
Seit über 40 Jahren wird erforscht, was Menschen befähigt, sich gegen die schädlichen Auswirkungen von Stress und belastenden Lebensereignissen zu schützen. Wie können wir unser „psychisches Immunsystem“ beziehungsweise unsere „innere Widerstandskraft“ stärken? In Fachkreisen wird von Resilienz gesprochen, wenn eine Person eine starke psychische Widerstandskraft hat und es schafft, Krisen und schwierige Lebenssituationen ohne mentalen Schaden zu meistern. Der Begriff Resilienz stammt von dem lateinischen Wort resilire ab und bedeutet so viel wie zurückspringen, abprallen. Wir können es also schaffen, dass der Stress nicht zu nah an uns herankommt, bildlich gesprochen von uns abprallt. Wie es um Ihre eigene Widerstandskraft steht, können Sie mit dem Resilienz-Test herausfinden.
Die sieben Säulen der Resilienz
Sie können aus Ihrer Kindheit positive oder eher negative Voraussetzungen für eine gute Resilienz mitbringen, das Ergebnis ist aber nicht gänzlich davon abhängig. Es sind im Wesentlichen sieben Faktoren, die Resilienz ausmachen und die sich wechselseitig beeinflussen:
- Optimismus,
- Akzeptanz,
- Lösungsorientierung,
- Opferrolle verlassen,
- Selbsterwartung,
- Beziehungen und
- Zukunft gestalten.
Alle sieben Säulen der Resilienz stehen für ein selbstbestimmtes und aktives Leben. Sie sind keine Charaktereigenschaften sondern vielmehr Lernprozesse, Verhaltens- und Sichtweisen, die aktiv trainiert werden können. Mentales Training funktioniert ähnlich wie körperliches: Wer fitter werden will, muss regelmäßig üben. Theoretisches Wissen oder bloßes Zuschauen bringen nichts. Gute Vorsätze wie “Ab heute lasse ich mich nicht mehr stressen” verlaufen im Sand. Stattdessen ist es wirksamer, die Dinge zu hinterfragen und einen Perspektivenwechsel vorzunehmen: Warum ist die Situation so? Warum handeln Andere so? Wie wäre die Situation gut für mich? Was kann ich an der Situation verändern? Etc.
Resilienz ist trainierbar!
Akzeptanz
Akzeptanz bedeutet, Gegebenheiten, die man nicht beeinflussen kann, so hinzunehmen wie sie sind. Es hat keinen Sinn, mit Vergangenem zu hadern und über Entscheidungen anderer wütend zu sein. Auch gehört zur Akzeptanz, seine Schwächen und Fehler anzunehmen und sich dafür nicht zu schämen oder gar zu hassen. Fragen Sie sich immer, ob Sie das Problem oder die Situation beeinflussen können.
Beispiel: Ihr Vermieter hat Eigenbedarf angemeldet und Sie müssen innerhalb von sechs Monaten die Wohnung räumen. Sie leben bereits mehr als fünf Jahre dort und fühlen sich sehr wohl. Können Sie diese Situation beeinflussen oder sollten Sie sie akzeptieren?
Optimismus
Optimismus heißt nicht, Leid nicht zu spüren oder nicht traurig zu sein. Auch heißt es nicht, naiv daran zu glauben, dass sich alles von alleine regeln wird. Vielmehr bedeutet Optimismus, dass man daran glaubt, eine Lösung oder einen neuen Weg zu finden, egal wie schlimm eine Krise erscheinen mag. Dabei hilft der bewusste Fokus auf die eigenen Stärken und die positiven Seiten des Lebens. Wenn Sie vor einer schwierigen Situation stehen, versuchen Sie, zu überlegen, welche Chancen und Risiken diese mit sich bringt.
Beispiel: Bleiben wir bei dem Beispiel mit der Eigenbedarfsanmeldung des Eigentümers. Welche Chancen könnten sich für Sie ergeben? Hatten Sie nicht schon öfters darüber nachgedacht, mit Ihrer Freundin oder Ihrem Freund zusammen zu ziehen? Ein anderes Stadtviertel hat Ihnen eigentlich schon immer besser gefallen. Vielleicht haben Sie jetzt die Möglichkeit, eine lange Reise zu unternehmen. Gab es nicht ein attraktives Job-Angebot in einer anderen Stadt?
Lösungsorientierung
Über ein Problem zu sprechen ist wichtig, aber darüber endlos zu debattieren oder zu klagen hilft keiner beteiligten Person weiter. Vielmehr stellt sich die Frage: Wie könnten Sie das Problem lösen? Überlegen Sie, welche der Lösungswege Sie selbst beeinflussen können. Erkunden Sie, wo Sie Handlungsspielräume haben und konzentrieren Sie sich auf das Mögliche und Machbare, auf das, was funktioniert, statt auf das, was nicht klappt. Das ist ein wesentlicher Schritt zur Erreichung der persönlichen Ziele.
Beispiel: Sie können sich darüber aufregen, dass Ihnen Ihre Wohnung gekündigt wurde, aber beeinflussen können Sie die Situation nicht. Sie können aber überlegen, wie Sie am effektivsten nach einer neuen Wohnung suchen, welcher Ihrer Bekannten dabei vielleicht helfen könnte und was Ihr Notfallplan ist, sollte sich im vorgegebenen Zeitrahmen keine Wohnung finden lassen.
Opferrolle verlassen
Resiliente Menschen nehmen die Dinge selbst in die Hand. Sie konzentrieren sich auf sich selbst und ihre Handlungsspielräume, statt anderen die Schuld an ihrer Situation zu geben. Sie erwarten nicht, dass andere ihre Probleme lösen und sehen sich als Gestalter ihres eigenen Lebens. Die Frage nach der Schuld ist meistens nicht hilfreich. Entweder hat man eine Situation selbst mit verursacht und kann sie nun auch wieder ändern oder es ist etwas, das wir nicht beeinflussen können, das wir akzeptieren sollten.
Beispiel: Sie sind kein Opfer, wenn Ihr Vermieter Eigenbedarf an Ihrer aktuellen Wohnung anmeldet und auch bestimmt nicht die einzige Person, der so etwas passiert. Konzentrieren Sie sich auf das, was Sie verändern können.
Beziehungen gestalten
Qualitätsvolle Beziehungen unterstützen uns und geben uns ein Gefühl von Geborgenheit in den unterschiedlichsten Lebensphasen. Gute, vertrauensvolle Beziehungen zu Familienmitgliedern, Freunden und Kollegen mit einer Balance aus Geben und Nehmen kommen nicht von ungefähr. Um sie aufzubauen und zu pflegen, muss man sich anderen Menschen öffnen, sich mitteilen und wertschätzend miteinander umgehen. Mit positiven, resilienten Beziehungen ist man in Schwierigen Situationen nicht alleine und kann auf die vielfältigen Fähigkeiten seiner Freunde und Familie zurückgreifen.
Beispiel: Ein guter Freund wird Sie bestimmt aufmuntern und Ihnen Mut machen für Ihre anstehende Wohnungssuche. Vielleicht hat in Ihrem Umfeld auch jemand Tipps für die Suche nach einer passenden Wohnung und kann Sie unterstützten. Nehmen Sie Hilfe an.
Selbstverantwortung
Selbstverantwortung ist die Bereitschaft und die Reife, Verantwortung für das eigene Tun und Handeln zu übernehmen inklusive aller Konsequenzen. Dazu zählt auch, mit möglichen Reaktionen konstruktiv umzugehen und sich nicht zum Sündenbock machen zu lassen. Nehmen Sie Ihre eigenen Grenzen war und akzeptieren Sie diese.
Zukunft gestalten
Ich kann und werde meine Zukunft nach meinen Wünschen positiv gestalten!
Dafür braucht es Ziele und einen Aktionsplan, der Sie Schritt für Schritt in die richtige Richtung führt. Die eigene Zukunft aktiv zu gestalten, heißt Gewohnheiten und Annahmen zu überprüfen, mehrere Alternativen zu recherchieren und die beste Option für sich selbst auszuwählen. Auch sollten Sie sich auf mögliche Schwierigkeiten gut vorbereiten und die Verantwortung für Ihre Wahl tragen.
Weiterführende Informationen erhalten Sie hier:
Leibniz-Institut für Resilienzforschung (LIR) gGmbH - Aktuelle Resilienz-Forschung, Workshops
Wie es um Ihre eigene Widerstandskraft steht, können Sie mit dem Resilienz-Test herausfinden.
Hier finden Sie alles zum Thema Familie.
Hier finden Sie alles zum Thema Vorbeugen.